Gedankenfreiheit

Gedanken sind frei! Wer kann sie erraten?
Sind sie doch flüchtig wie unsere Schatten.
Und wer wohl kann von ihnen wissen?
Wer möcht' Gedankenfreiheit missen?
Ich denke, was ich will und mag,
Ich denke viel, was ich nicht sag'.
Gedanken kommen und vergehen.
Wer kann sie fassen, wer sie sehen?
Nur, bin ich selbst es, der sie denkt?
Wer sonst wohl ist es, der sie lenkt?
Bin ich ihr Herr, und bin ich frei?
Man wünscht vielleicht, daß dies so sei.
Doch wer hier ernsthaft sich befragt,
Nicht das nur glaubt, was ihm behagt,
Der wird an dieser Stelle anderes finden
Und ahnen, wie Gedanken binden.
So sind's Gedanken, die am Schicksal weben,
Am Schicksal dieses und der späteren Leben.
Was in Gedanken einst wir ausgesät,
Es kommt zurück, ganz gleich, wie spät.
Das äußere Auge kann's nicht sehen,
Und dennoch ist's lebendiges Geschehen.
Wie es webt und wogt im Unsichtbaren,
Getragen von unzähligen Menschenscharen.
Nur wissen die nichts von ihrer Macht,
Denn stets nur hat man es anders gedacht.
Fast niemand übet Gedankenzucht,
Hält Ordnung in der Gedanken Flucht.
So ist Gedankenfreiheit ein fernes Ziel.
Denn wenn Gedanken wahllos wie im Spiel
Und immerzu Beachtung finden,
Kann das die Freiheit nicht begründen.

>>Autor Unbekannt<<